Erfahrung: Medizinstudium in Litauen
Approbation übers Baltikum
Alan Bareiss (24)* steht kurz vor dem Abschluss seines Medizinstudiums an der Lithuanian University of Health Sciences (LSMU) in Kaunas. Der Deutsche fühlt sich in der zweitgrößten Stadt Litauens sehr wohl, lobt das problemorientierte Studienkonzept und die Internationalität der medizinischen Fakultät.
Wieso bist du für das Studium ins Ausland gegangen?
Der Hauptgrund war, dass ich in Deutschland keinen Platz bekommen habe. Ich war aber auch sehr neugierig und hatte Lust auf ein anderes Land, neue Eindrücke.
Wie kamst du darauf, gerade in Kaunas zu studieren?
Das war eher Zufall, ich hatte zu Auslandsstudiengängen in der Medizin recherchiert und einen Aufnahmetest von der LSMU in Deutschland gemacht. Erst nachdem ich bestanden hatte, habe ich mich mit der Uni und der Stadt beschäftigt. Beides war mir auf Anhieb sympathisch, ich habe zügig zugesagt.
Was sagst Du zum Studium? Gibt es Besonderheiten?
Besonders ist das Studienkonzept der LSMU, das ganz auf Problembasiertem Lernen aufbaut. Es gibt also kaum Frontalunterricht. In Gruppen arbeitet man an konkreten Problemen oder Projekten, man organisiert sich, lernt gemeinsam und sucht mit Hilfe der Dozenten das relevante Wissen zusammen.
Gibt es auch in Litauen die Trennung zwischen vorklinischem und klinischem Teil?
Ja. Die ersten zwei Jahre verlaufen eher theoretisch, ab dem dritten Jahr sind die Studenten in den Kliniken unterwegs. Durch das Studienkonzept heißt das im klinischen Teil auch: sehr praxisnahes Unterrichten und viel Patientenkontakt.
Dafür muss man Litauisch können…
Richtig. Das ist verpflichtend im Curriculum ab dem ersten Semester. Die Kurse helfen natürlich sehr. Um ehrlich zu sein, habe ich die Sprache aber abends in den Bars gelernt, wenn ich mit Litauern zusammen war. Ich habe während des Studiums meine Freundin kennengelernt, die aus Kaunas kommt. Mit ihr und ihrer Familie spreche ich natürlich auch Litauisch.
Und das Studentenleben in Kaunas? Wie kann man sich das vorstellen?
Die jungen Litauer sind sehr offen und international eingestellt. Neben der Uni hat man in Kaunas ein echt gutes Leben. Die Stadt ist mit knapp 300.000 Einwohner groß genug, es gibt viele Cafés und Bars. Basketball wird als die „zweite Religion der Litauer“ bezeichnet. Der mehrfache Meister kommt aus Kaunas und spielt in der großen Arena der Stadt. Zudem sind die Lebenshaltungskosten für Studenten recht niedrig, es gibt 80 Prozent Rabatt auf den öffentlichen Nahverkehr. So kostet eine Fahrkarte nach Vilnius nur 3,50 Euro. Die Hauptstadt ist auch nur eine Stunde entfernt. Für ein WG-Zimmer habe ich 150 Euro bezahlt.
Wie ist der Kontakt zu anderen Studenten?
Ich studiere zusammen mit einigen Deutschen, auch mit Israelis, Spaniern, Schweden und anderen Nationalitäten. Da haben sich Freundschaften in der ganzen Welt gebildet. Während meines Studiums habe ich etwa einen Kommilitonen in Indien besucht, war auf einer Hochzeit in England eingeladen. Mit einem Studienfreund aus Israel, der zum ersten Mal Deutschland besuchte, ging es in meiner Heimatstadt Stuttgart ins Festzelt auf der Cannstatter Wasen.
Vielen Dank für das Gespräch!
(* Das Interview haben wir von Finde Academic im Herbst 2018 geführt, mittlerweile hat Alan sein Studium bereits abgeschlossen.]
Interview: ks – © Finde Academic