Interview: BWL-Studium in Brasilien
Business in Brasil
Für drei Semester hat die BWL-Studentin Leonie Kenner die heimische Uni in Münster gegen die südbrasilianische Wirtschaftshochschule FAE Centro Universitário getauscht. Wie ist das Studentenleben an einer südamerikanischen Uni denn so?
Finde: Leonie, wieso studierst Du gerade in Brasilien?
Leonie: Im Rahmen des deutsch-latein-amerikanischen BWL-Programms CALA bin ich an der FH Münster eingeschrieben. Ich musste mich schon zu Beginn des Studiums für Brasilien entscheiden und dann natürlich auch den portugiesischen Schwerpunkt wählen. Eine gute Freundin kam aus Brasilien. Da habe ich dann angefangen, Portugiesisch zu lernen und etwas später gezielt nach Studiengängen gesucht, bei denen ich dort im Land studieren kann.
Finde: Wie ist der Studienalltag an der FAE? Ähnlich wie in Deutschland?
Leonie: Da meine brasilianischen Kommilitonen fast alle arbeiten, finden die Veranstaltungen morgens oder abends jeweils zwischen 7 und 10.30 Uhr statt. Ich habe mich für den Abendunterricht entschieden. Momentan bin ich vier Mal pro koche abends an der Uni, drei Kurse belege ich online. Es wird auch anders geprüft: Wir müssen jede Woche zu Hause sogenannte „Aktivitäten“ erledigen. Das ist ein bisschen wie Hausaufgaben. Dazu gibt es pro Semester und Kurs zwei schriftliche Tests. Es fällt dadurch nicht alles ans Semesterende. Dieses kontinuierliche Lernen gefällt mir sehr gut.
Finde: Konntest Du im Studium andere Schwerpunkte als in Deutschland setzen?
Leonie: Ja, ich habe mich auf „International Business“ spezialisiert, bin also etwas von der reinen BWL abgerückt. Hier konnte ich Branding, Markenkommunikation, Verhandlungsmanagement und Entrepreneurship belegen – und das auf Portugiesisch mit brasilianischen Kommilitonen. Davon habe ich schon sehr profitiert. Vor allem macht es viel Spaß.
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Brasilianische Begrüßung
Finde: Und die Professoren? Wie begrüßt man sich außerhalb der Vorlesungen?
Leonie: Das ist schon ganz anders als in Deutschland. Wir sind hier eben in Brasilien und es ist sehr locker und herzlich. Wenn man sich trifft, gibt es erstmal ein „Hallo! Wie geht’s? Was machst Du?“ Eine Professorin verteilt sogar die klassische brasilianische Begrüßung mit Küsschen. Es ist aber wichtig zu wissen, dass das nun wirklich nicht jeder macht.
Finde: Das klingt tatsächlich nach einer ganz anderen Kultur.
Leonie: Natürlich ist nicht alles so, wie man sich das vorstellt: Curitiba hat zum Beispiel mitteleuropäisches Klima und wir verbringen nicht das ganze Jahr am Strand – wie es das brasilianische Klischee in Europa hergibt. Brasilien ist ein großes Land und Rio ist für uns ein gutes Stück entfernt, auch von der Mentalität.
„An den Kalender gefesselt“
Finde: Hat Dich die Zeit in Brasilien schon verändert?
Leonie: Na ja, ich bin jetzt knapp zehn Monate hier. Am Anfang war ich unruhig und etwas ungeduldig, wenn die Dinge nicht schnell vorangingen. Als Deutscher ist man einfach unbewusst an seinen Kalender gefesselt und damit kommt man hier nicht weit. Die Brasilianer sind spontaner, leben intensiver. Ich meine damit nicht, dass sie einfach in den Tag hineinleben, aber sie können ihn besser genießen, auch ohne exakte Terminplanung.
Finde: Du hast noch etwas mehr als ein halbes Jahr vor Dir? Was steht noch an?
Leonie: Ich schließe noch meine Kurse ab, dann kommen noch ein Praktikum und meine Bachelor-Arbeit auf mich zu. Für mich ist das unheimlich spannend, das Gelernte jetzt auch in einem brasilianischen Unternehmen umzusetzen. Und ich möchte weiterhin die Spontaneität und Flexibilität der Brasilianer genießen und von ihnen lernen.
ks – © Finde Academic