Interview: Leiter des Bewerbungs- und Studentenservice büros der Universität Pécs
„Offen an das studium rangehen, an die fremde Stadt und das Land“
Kálmán Sebők, Leiter des Deutschen Bewerbungs- und Studentenservice Büros der Medizinischen Fakultät der Universität Pécs in Ungarn erzählt uns von seiner Arbeit, den Zulassungvoraussetzungen zu den begehrten Studienplätzen und vom Leben in der quirligen Stadt Pécs.
Finde: Unsere Bewerber*innen sind natürlich zunächst daran interessiert, welches die Zulassungskriterien für das Human-. bzw. Zahnmedizinstudium an der Universität Pécs sind. Spielt der NC eine Rolle? Werden zusätzliche Qualifikationen wie ein FSJ oder eine Ausbildung zum/zur Rettungssanitäter/in positiv gewertet?
Kálmán Sebők: Unsere Zulassungskriterien sind ein wenig anders als in Deutschland. Wir haben kein NC und keine Aufnahmeprüfung im Deutschen Programm. Die Zulassungskommission beurteilt die Bewerbungen und vergibt die Studienplätze anhand der eingesendeten Unterlagen. Wir achten auf die schulischen Leistungen und auf die außerschulischen Leistungen. Bei den schulischen Leistungen werden ausschließlich die naturwissenschaftlichen Fächer, wie Biologie, Chemie, Physik oder Mathe beurteilt.
Je mehr von diesen Fächern bis zum Abitur belegt worden ist, je höher die Punkte in diesen Fächern sind, desto größer ist die Chance, einen Studienplatz zu bekommen. Bei den außerschulischen Leistungen schauen wir darauf, was die Bewerber seit dem Abitur gemacht haben. Wir berücksichtigen Vorbereitungskurse, ein naturwissenschaftliches Studium, Ausbildungen oder Praktika im Gesundheitswesen, sowie Rettungssanitäter, Rettungsassistent Ausbildung, FSJ. Eigentlich alles was Richtung Medizin oder Naturwissenschaft geht. Um die Chancengleichheit zu gewähren haben Neu- und Altabiturienten ein getrenntes Auswahlverfahren.
Finde: Das Studium und vor allem der Studienstart in einem fremden Land und einer neuen Umgebung sind natürlich sehr aufregende Dinge. Haben Sie einen Tipp für beginnende Erstsemester, wie Sie diesen Start so unkompliziert wie möglich hinbekommen können?
Kálmán Sebők: Ein Studium im Ausland ist selbstverständlich mit vielen Herausforderungen verbunden. Fremdes Land, fremde Umgebung, fremde Sprache. Die Studenten sollten jedoch keine Angst davor haben, sondern das Auslandstudium als eine Möglichkeit für die persönliche Entwicklung sehen. Die Studenten sind an der Medizinischen Fakultät und in der Stadt Pécs gut aufgehoben. Hilfeleistung ist überall gegeben.
„Über 700 deutsche“
Kálmán Sebők: Zurzeit studieren über 700 deutsche Studenten an der Fakultät, die eine besondere kleine Gesellschaft bilden und gegenseitig aushelfen. Da das Studium sehr anspruchsvoll ist und mit viel Lernen verbunden ist, sollte man eine Menge Ausdauer und Überzeugung mitnehmen. Das Studium verlangt starke, ausgeglichene Persönlichkeiten, die bereit sind für Ihre Ziele hart zu kämpfen. Mein letzter Tipp wäre, offen an das Studium ranzugehen, offen für die Stadt und für ein fremdes Land sein. Die Studenten, die offen für eine multikulturelle Umgebung sind und das Ganze als Berufung sehen, werden keine Probleme haben das Studium mit all Ihren Hürden zu meistern.
Egal ob in Deutschland oder Ungarn – Anspruchsvolles medizinstudium
Finde: In Deutschland ist das Medizinstudium sehr anspruchvoll. Vor allem das Physikum stellt eine große Hürde dar, an der nicht wenige Studierende in Deutschland scheitern. Wie sind die Durchfallquoten an der Universität Pécs? Gibt es ein Physikum und ist dieses genauso schwierig zu bestehen wie in Deutschland? Gibt es viele Abbrecher?
Kálmán Sebők: Das Medizinstudium ist in sich sehr anspruchsvoll, egal ob man in Deutschland oder in Ungarn studiert. Das Deutsche Programm an der UPMF (Universität Pécs Medizinische Fakultät) wurde vor 20 Jahren anhand der deutschen Ausbildung ins Leben gerufen. Der Aufbau des Studiums sowie das Curriculum ist an das deutsche System angepasst. So erhält man auch bei uns nach 4 erfolgreich absolvierten Semester das Zeugnis über den ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung, das sogenannte Physikumszeugnis automatisch.
Kein Hammerexamen
Kálmán Sebők: Wir haben das „Hammerexamen“ nicht, das Zeugnis ist jedoch in Deutschland 1:1 anerkannt, und damit versuchen die meisten Studenten den Wechsel vorzunehmen. Wir haben keine Statistik über die Abbrecher, da die Studenten nicht verpflichtet sind Bescheid zu geben, wieso Sie unsere Universität verlassen. Das Abbrechen kann mehrere Gründe haben, einige bekommen einen Studienplatz in Deutschland, andere können nur die ersten zwei Jahre finanzieren. Wie viele wegen Erfolglosigkeit abbrechen ist schwierig zu sagen. Da wir ein Kreditpunktesystem haben, erlaubt die auch bei nicht bestandener Prüfung weiter zu studieren. Man verliert dadurch wahrscheinlich ein Jahr, aber Studenten sind nicht gezwungen, das Studium zu beenden.
Nach dem Physikum kommt der klinische Teil und das PJ. Das Praktische Jahr kann man überall auf der Welt absolvieren, die meisten unserer Studenten absolvieren es natürlich zu Hause in Deutschland. Mit dem Beenden des Studiums wird ein international anerkanntes Diplom mit dem Titel dr. med oder dr. med. dent verliehen.
Die Rolle Von Studienagenturen
Finde: Es gibt zahlreiche Agenturen, die für ein Studium in Pécs werben. Manche sind mit Ihrer Hochschule vertraglich verbunden und sind offizielle Repräsentanz der UP im Ausland, andere nicht. Wie läuft das Bewerbungsverfahren ab und welche Vorteile hat eine Bewerbung über eine Agentur?
Kálmán Sebők: Es gibt zahlreiche Agenturen mit der die Universität unter Vertrag stehen, das ist richtig. Die meisten dieser Agenturen rekrutieren jedoch für das Englische Programm. Das Deutsche Programm steht derzeit mit zwei Agenturen unter Vertrag. Neben Finde Academic rekrutiert noch futureDOCTOR GmbH für uns. Die Bewerber über die Agenturen nehmen separat beim Auswahlverfahren teil. Das heißt aber nicht, dass diese Bewerber automatisch einen Studienplatz zugeteilt bekommen. Sie werden zwar bevorzugt gehandhabt, unseren Zulassungsvoraussetzungen müssen Sie genauso, wie alle anderen Direktbewerber erfüllen. Es ist für alle Beteiligten (Bewerber-Agentur-Universität) äußerst wichtig, dass nach der Zusage, auch das Studium reibungslos absolviert wird. Das ist unser Ziel, das möchten wir auch über die Agenturen vermitteln.
Finde: Wie hoch sind die Lebenshaltungskosten in Pécs und was macht die ungarische Stadt für Studierende attraktiv?
Kálmán Sebők: Die hohen Studiengebühren können tatsächlich mit den niedrigeren Lebensunterhaltskosten etwas ausgeglichen werden. Zum Beispiel kann man bei den Mietwohnungen erheblich sparen. Die meisten deutsche Studenten gründen 2er oder 3er WG‘s in der Innenstadt oder Campusnähe. Mehr als 3-400 Euro sollte für die Miete nicht kosten. Die Lebensmittelgeschäfte, wie Aldi, Lidl oder Penny haben hingegen die gleichen Preise wie in Deutschland.
Die Stadt Pécs ist eine kleine, mediterrane Studentenstadt mit 140.000 Einwohner und 20.000 Studenten auf 10 Fakultäten verteilt. Wir haben eine sehr schöne, historische Innenstadt gefüllt mit vielen ausländischen Studenten. Ein idealer Ort zum Studieren in jeglicher Hinsicht.
Bewerbung Uni Pécs, Studium und Alltagsleben
Finde: Als Leiter des Deutschen Studien- und Studentenservice Büros der Universität Pécs haben Sie sicher sehr viel Kontakt zu den Studierenden. Kann man sich bei Fragen rund um das Studium an Sie wenden und sind Sie auch Ansprechpartner, wenn einmal Probleme auftauchen?
Kálmán Sebők: Unser Büro das Deutsche Bewerbungs- und Studentenservice Büro beschäftigt sich hauptsächlich mit den Bewerbungen für das erste Semester. Nach der Einschreibung, mit dem Beginn der Vorlesungsperiode beginnt eine neue Periode der Aufgabenverteilung. Wir helfen Studenten ihren Alltagsleben zu meistern, wie kleinere Übersetzungen, Vermieterprobleme, Behördengänge, Autowerkstatt etc. Unser Büro steht von 08:00 Uhr morgens bis 16:00 Uhr für jeden Studenten zur Verfügung. Nebenbei helfen unsere Kollegen im Studienreferat rund ums Studium. So sind unsere Studenten in allen Bereichen gut beraten und wir lassen sie sicher nicht allein.
Finde: In den vielen Jahren Ihrer Arbeit gab es da besondere Erlebnissse oder Herausforderungen mit den Studienanfänger*innen oder Studierenden?
Kálmán Sebők: In 15 Jahren, seitdem ich an der Medizinischen Fakultät arbeite, habe ich einige kuriose Dinge erlebt mit den Studenten. Ich möchte davon keinen einzigen Vorfall hervorheben, aber eine Landegenehmigung für einen Privatflugzeug zu besorgen oder einen deutschsprachigen Reithof in der Umgebung zu finden, waren schon besondere Herausforderungen für uns. Die alltäglicheren Sachen wie Behördengänge, Mieterecht, Autowerkstatt, kleinere Übersetzungen, Sprachbarrieren kommen häufiger vor. Dieser Teil unserer Tätigkeit macht uns besonders viel Spaß, weil es mit Hilfeleistung verbunden ist und die Studenten dafür sehr dankbar sind. Während unserer Öffnungszeiten ist unser Büro immer offen für die Studenten. Sie können sich mit all ihren Problemen und Anliegen an uns wenden. Es ist das typische Büro, wo keine dummen Fragen gestellt werden können. Da wir alle Fragen vertraulich behandeln, haben wir eine sehr gute, enge Beziehung mit unseren Studenten.
evk – © Finde Academic